Typ: Seminar
Zeit: Freitag, 10-12 Uhr
Raum: Lennéstr. 6, 2.017
Seit über 20 Jahren gehört das Reality-TV zu den prägenden Formaten des Fernsehens. Von Prime-Time-Casting-Shows à la GERMANY’S NEXT TOPMODEL (ProSieben, 2006-) über Datingshows wie DER BACHELOR (RTL, 2003-)/DIE BACHELORETTE (RTL, 2004-) und Lifestyle-TV, z.B. SHOPPING QUEEN (Vox, 2012-) reicht das Genrespektrum bis zu Scripted Reality-Seifenopern wie KÖLN 50667 (RTLII, 2013-). Inzwischen hat das Reality-TV aber auch im posttelevisuellen Streaming Einzug gehalten, z.B. mit z.B. FBOY ISLAND (HBO Max, 2021-), MAKING THE CUT (Amazon Prime Video, 2020-) und PIXAR IN REAL LIFE (Disney+, 2019) haben die meisten Streaminganbieter erfolgreiche Reality-Formate im Programm. Vor allem Netflix hat – etwa mit TOO HOT TO HANDLE (Netflix, 2020-) – ein großes Portfolio an Reality-Eigenproduktionen aufgebaut, welche die gesamte Bandbreite des Reality-TV-Spektrums abdeckt. Nicht zuletzt verdankte der 45. US-Präsident seine Bekanntheit u.a. seiner Rolle als Host der Reality-Show THE APPRENTICE (NBC, 2004-2017; vgl. Maeder 2020). Parallel zur Popularität der Formate hat sich ein medienkritischer Diskurs ausgebildet, der das Genre aufgrund seiner Inhalte abwertet (‚Trash-TV‘). Vor allem wird dabei der schon in der Genrebenennung mitgeführte Wirklichkeitsbezug problematisiert: Zur Debatte stehen dabei einerseits der Wirklichkeitsgehalte des Reality-TVs an der Grenze von Dokumentation und Fiktion, andererseits die Wirklichkeitseffekte der Formate, z.B. der Einfluss von GNTM auf das Körperideale von Mädchen und jungen Frauen. Reality-TV zeigt fabrizierte Wirklichkeit und fabriziert damit Wirklichkeit. Das Seminar verfolgt drei Ziele: Erstens werden wir die Geschichte des Reality-TVs, seinen Ursprung in Candid Camera-Formaten im frühen Fernsehen aufarbeiten (McCarthy 2009) und Fragen der kulturellen (Ab-)Wertung adressieren (Seier/Waitz 2014). Zweitens werden wir einen Überblick auf die verschiedenen Subgenres des Reality-TVs, ihre ästhetischen, dramaturgischen und erzählerischen Strategien gewinnen (vgl. einführend Kavka 2012). Drittens erschließen wir im Hinblick auf die Problematisierung fabrizierter Wirklichkeit zentrale Theorien des Reality-TVs und erarbeiten Leitbegriffe – z.B. Überwachung (Andrejevic 2003), Technologien des Selbst (Ouellette/Hay 2008), Affekt (Kavka 2008), Erfahrung (Korte 2020), Materialität (West 2011) – für die Analyse konkreter, selbstgewählter Beispiele.
Literatur:
Andrejevic, Mark (2003): Reality TV: The Work of Being Watched. Lanham: Rowman & Littlefield.
Kavka, Misha (2008): Reality Television, Affect and Intimacy. Reality Matters. New York: Palgrave Macmillan
Korte, Jule (2020): Zwischen Script und Reality. Erfahrungsökologien des Fernsehens. Bielefeld: Transcript.
Maeder, Dominik (2020): „Die Regierung der Kontingenz. Zur Prämediation präsidialer (Entscheidungs-)Macht in The Apprentice“, In: ders./Schwaab, Herbert/Trinkaus, Stephan/Ulrich, Anne/Weber, Tanja (Hg.): Trump und das Fernsehen. Medien, Realität, Affekt, Politik. Köln: Herbert von Halem Verlag, S. 51-82.
McCarthy, Anna (2009): „‚Stanley Milgram, Allen Funt and Me‘: Postwar Social Science and the ‚First Wave‘ of Reality TV, In: Susan Murray/Laurie Ouellette (Hg.) Reality TV. Remaking Television Culture. New York/London: New York University Press, S. 23-43.
Ouellette, Laurie/Hay, James (2008): Better Living Through Reality TV. Television and Post-welfare Citizenship. Malden/Oxford: Blackwell Publishing
Seier, Andrea/Waitz, Thomas (Hg.) (2014): Klassenproduktion. Fernsehen als Agentur des Sozialen.
West, Amy (2011): Reality television and the power of dirt: metaphor and matter. In: Screen 51(1)/2011: 63-77
Typ: Seminar
Zeit: Freitag, 10-12 Uhr
Raum: Lennéstr. 6, 2.017