Kulturen des Kopierschutzes
Jens Schröter
Bekanntlich, so
Walter Benjamin, befinden wir uns im Zeitalter der technischen
Reproduzierbarkeit. Seit der Ausbreitung des Fotokopierers in der Mitte
1960er Jahre ist Kopieren zu einer alltäglichen Praxis geworden. Mit
den digitalen Medien, so haben bestimmte postmoderne Positionen
behauptet, werde der Unterschied von Original und Kopie endgültig
eingezogen - gewiß: eine Datei kann als Kette von Nullen und Einsen
beschrieben werden, die, da eineindeutig abzählbar, völlig identisch
reproduziert werden kann. Doch tatsächlich ist es in der Praxis nicht
so: Technische Kopierschütze und drakonische juristische
Strafandrohungen sollen das Kopieren verhindern, ja manche AutorInnen
behaupten, digitale Reproduzierbarkeit und die für kapitalistische
Reproduktion unverzichtbare Warenform seien unvereinbar, folglich
müssten die digitalen Medien entsprechend 'zurechtgemacht' werden. Auf
unseren Personalausweisen und auf Geldscheinen sind Hologramme,
Lippmann-Elemente, Wasserzeichen und Mikroschrift etc., um eben gerade
zu verhindern, dass sie mit den immer besser werdenden Farbkopierern
kopiert werden können... Was Benjamin nicht gesehen hat: Die technische
Reproduzierbarkeit erzeugt als ihren Schatten eine neue, technische
Nicht-Reproduzierbarkeit.
In dem Forschungsprojekt sollten a)
einschlägige Texte gelesen werden, um in die - allerdings nur wenig
bearbeitete - Thematik einzuführen; b) sollen von den Studierenden
selbstständig Beispiele für Formen des Kopierschutzes gefunden und
wissenschaftlich untersucht werden; c) ist Ziel die Herstellung eines
Buches, das die Ergebnisse versammelt und auch externe AutorInnen
einschließen soll. Die Studierenden sollen also nicht nur lernen ein
aktuelles medienwissenschaftliches Problem selbstständig zu erschließen
und darzustellen, sondern auch eine basale Technik der
wissenschaftlichen Arbeit - die Erstellung eines Sammelbandes - konkret
zu auszuüben.