Die besondere Aufmerksamkeit, die ganz spezifischen Phänomenen des Serienfernsehens derzeit geschenkt wird, lässt leicht aus dem Blick geraten, dass Serialität schon immer nicht nur für das Fernsehen, sondern auch für andere kulturelle Formen konstitutiv war und ist. Serielle Produktion, Strukturen und Ästhetiken der Serialität und serienförmige Zeit- und Verhaltensordnungen sind ein ausgezeichnetes Signum der Moderne. Serialität prägt dabei ganz unterschiedliche Medien und Bereiche – dies reicht von industrieller Massenproduktion bis hin zu künstlerischen Praktiken. Techniken und Verfahren des Seriellen verorten sich zwischen Variation und Evolution, Iterabilität und Wandel, Zyklizität und Linearität, Identität und Differenz, deren Gegensätze sie durchkreuzen, und die sie auf je spezifische Weise in raumzeitliche Verhältnisse setzen.
Kein anderes Medium allerdings ist so stark von der Form der Serie geprägt wie das Fernsehen, dessen vorherrschender struktureller und temporaler Modus die Serialität ist. Anhand der seriellen Formen wird die Geschichte des Mediums lesbar und das Mediale des Fernsehens sichtbar. Insbesondere von der derzeit boomenden Fernsehserie gehen wichtige Impulse aktueller Medienkultur aus, die auch und insbesondere das Serielle betreffen. Denn Serialität erweist sich hier als ästhetisches und strukturelles Experimentierfeld, das über trans- oder cross-mediale Strategien zunehmend in andere Medienbereiche diffundiert, welche die Serienformate rahmen, begleiten, reflektieren oder auch weiterentwickeln und damit selbst wiederum zum Impulsgeber werden. Neuere Tendenzen des Seriellen, so ließe sich vermuten, akzentuieren sich also insbesondere in Phänomenen der Expansion, der Zerstreuung wie der Konvergenz.
Aus diesen Gründen müssen sich rezente Theorien, Ästhetiken und Philosophien des Seriellen und der Serialität vor dem Horizont der seriellen Praktiken des Fernsehens, ihrer Formenvarianz, ihrer Evolution, ihrem Wirkpotential bewähren, und umgekehrt muss die Theoriebildung zur Serialität des Fernsehens sich die Frage nach dem Außen des Fernsehens stellen. Und eben dies soll die hier vorgeschlagene Ausgabe der Zeitschrift für Medienwissenschaft leisten: Ein Heft, in dem der Fernsehserie zwar ein Schwerpunkt zukommt, jedoch vor dem Hintergrund anderer serieller Formen bzw. Theorien des Seriellen. Einerseits soll sich so eine zusätzliche Schärfung der Theorie televisiver Serialität ergeben, andererseits kann diese wiederum produktiv auf die Theorieentwicklung zum Thema des Seriellen im Allgemeinen zurückwirken.
Redaktion: Daniela Wentz, Lorenz Engell,
Jens Schröter, Herbert Schwaab, Benjamin Beil