Das Heft widmet sich dabei nicht nur dem ubiquitären Motiv der Pinnwand in der Serie, sondern vielmehr der Frage, in welches Wechselverhältnis Pinnwand und Serie eintreten, wenn sie gemeinsam auftreten. Keineswegs bleiben Pinnwände dabei nämlich bloße props, ästhetisches Beiwerk, das Polizeireviere und Detektivbüros stilistisch aufwerten würde. Vielmehr erfüllen sie ganz explizite Funktionen in zu lösenden Rätseln oder Kriminalfällen. Sie dienen analytischen Zwecken, fungieren als Handlungsanleitungen, interagieren auf unterschiedliche Weise mit dem Prozess der Erkenntnisgewinnung und verschränken sich so zwangsläufig mit der narrativen Organisation der Serie selbst.
Interessant ist dies nicht zuletzt deshalb, weil Pinnwände auf der einen Seite aufgrund ihrer Ungerichtetheit und Multidimensionalität einer geordneten und (linear) organisierten Narration geradezu entgegenzustehen scheinen. Auf der anderen Seite scheinen Pinnwände und Serien aber durchaus relevante Gemeinsamkeiten zu besitzen: Während die mehr oder weniger statischen Bilder, Tableaus und Diagramme der Wissenschaft vornehmlich bereits stattgehabte Erkenntnisprozesse veranschaulichen, sind die angesprochenen Visualisierungsverfahren vor allem ‹in the making›, im Verfertigungsprozess selbst befindlich – bis auf Weiteres. Das heißt, sie werden im Verlaufe einzelner Episoden oder gar Staffeln vielfach Manipulationen und Transformationen unterworfen, werden also selbst temporal und seriell.
Jede Pinnwand teilt mit der Serie dabei das Schicksal der ewigen Unabgeschlossenheit – beide sind auf Dauer gesetzte Provisorien. Diese Indeterminiertheit ihrer Finalität mag nicht nur Grund für den Mangel an Theoriebildung zur Pinnwand sein, sondern vielleicht auch für die Serie als privilegierten Ort für ihre Sichtbarwerdung: In der Serie wird dem Prozess, der eine Pinnwand immer ist, zur Sichtbarkeit verholfen, gerade weil die Serie die Form dieses Prozesses selbst ist. Dementsprechend versprechen nicht nur Serien Auskünfte über Pinnwände, sondern stellt dann auch eine Theorie der Pinnwand Einsichten in die Logik und Struktur des Seriellen in Aussicht.
Ausgehend von der Prozessualität der bewegt-bildlichen Schaubilder und Pinnwände befragen die Beiträge unterschiedlichste wissenschaftliche Visualisierungen und Bildanordnungen auf ihre inhärent seriellen und dynamischen Logiken sowie deren epistemologisches, handlungsanleitendes und -initiierendes Potential hin. Umgekehrt werden aber auch die Folgen der Mehrdimensionalität und narrativen Unstrukturiertheit der fiktiven Pinnwände für die serielle Struktur, Narration und den visuellen Denkprozess der betreffenden Serien untersucht. Schließlich werden solche produktiven epistemologischen wie ästhetischen Wechselverhältnisse zwischen Pinnwänden im weitesten Sinnen und seriellen Strukturen und Verfahren auch abseits des Gegenstands der Fernsehserie in den Blick genommen.